Die Spanische Gitarre

Die „Spanische Gitarre“ und die spanische Gitarrenmusik

Die Gitarre wird seit jeher eng mit Spanien verbunden.
Der typische Klang der Konzertgitarre, im Volksmund auch „Spanische Gitarre“ genannt, ist nicht allein dafür verantwortlich!

Spanische Gitarrenmusik

Der Kanon der spanischen Gitarrenmusik, also die Stücke, die wir heute auf der Gitarre spielen, beginnt bereits sehr früh in der Renaissance.

In der Renaissance gab es noch keine Gitarre wie wir sie heute kennen. Die Stücke wurden somit für die Laute oder die „Vorgänger“ unserer heutigen Gitarre geschrieben.

Das waren vor allem in Spanien die Vihuela und weniger (wie im Rest von Europa) die Laute!

Durch die wirtschaftliche und politische Berührung des Orients und des Okzidents gelangte die arabische Laute im Gefolge der Mauren und Sarazenen (also der Eroberer) im 8. Jahrhundert nach Spanien und breitete sich in den folgenden Jahrhunderten über ganz Europa aus.

Die Laute spielte ausgerechnet in Spanien aber eine untergeordnete Rolle, da sie vermutlich mit den verhassten Eindringlingen in Verbindung gebracht wurde.

Man vermutet außerdem, dass die etwas näheren Verwandten der heutigen Gitarre, die „Chitara“ oder „Vihuela“ wie sie in Spanien bezeichnet wurde, durch die Römer nach Spanien gekommen sind, und das schon vor den Arabern und der Laute.

Das Instrument wurde sogar dann sogar als spanische Erfindung bezeichnet und als altes spanisches Nationalinstrument berühmt.

Die 6-chörige Vihuela de mano = mit den Fingern angeschlagen und der kleinere Typus der Vihuela, die „Guitarra“, waren im 16. Jahrhundert in Spanien das bevorzugte Kunstinstrument der gehobenen Gesellschaft. Sie übernahmen also dort die Funktion der europäischen Laute.

 

Renaissance und Barock

 

Komponisten, die in der Renaissance Werke für Vihuela oder Guitarra geschrieben haben waren u.a.:

Luis Milan, Musiker, Dichter und Höfling, „El maestro“ genannt.

Luis de Narváez (Granada nach 1500 ­nach 1555). Bediente sich erstmals in der Musikgeschichte überhaupt der Variationstechnik als selbstständige musikalische Gattung.

Alonso Mudarra (1520-1580), Gaspar Sanz (1640-1710).

Da man zu dieser Zeit schon ein Werk für verschiedene Instrumente veröffentlichen konnte, findet man viele Werke für Vihuela in Lautentabulatur nachgedruckt.

Zu der Zeit ging es Spanien wirtschaftlich sehr gut.

Man spricht jetzt vom „goldene Zeitalter“ Spaniens (Siglo de Oro). Es war eine Phase des Aufschwungs und der Hochkonjunktur. Dieser Wohlstand brachte Spanien weltweit großen politischen Einfluss und führte in Europa zu einer Blüte der Kunst und Kultur.

Die Gitarrenvirtuosen trugen einen großen Teil dazu bei. Mit ihrer komplexen und virtuosen Musik, wie es sie sonst in Europa nicht gab. Sie schrieben Variationen, Tientos, Fantasien, Pavanen, Galliarden und auch Sologesänge mit virtuoser Begleitung, vor allem Romanzen und Villancicos.

 

vihuelaDie Guitarra definiert man als kleineren Typus der Vihuela, dem der oberste und tiefste Chor fehlt, somit darf angenommen werden, dass die mit fünf Doppelsaiten bespannte Gitarre spätestens um 1550 geboren war und sich in der Form bis ins 17. Jahrhundert in Europa etabliert.

Klassik und Romantik

 

Um 1800 etablierte sich die Gitarre in ganz Europa und in fast allen europäischen Ländern beginnt eine reiche Pflege des Gitarrenspiels. Diese Hochblüte der Gitarrenkunst findet vor allem in den Haupt-Zentren Wien, Paris und London ihre Stützpfeiler.

Die Geschichte der Gitarre wurde überwiegend von Spaniern und Italienern gestaltet, die jedoch wegen mangelnder Gunst und Förderungen im Ausland tätig waren.

In Spanien herrschten zu dieser Zeit Bürgerkrieg und andere militärische Auseinandersetzungen.

Was nicht heißt, dass in Spanien keine Musik geschrieben wurde im Gegenteil!

Fernando Sor (1778-1839) war einer der wichtigsten Gitarristen dieser Zeit weltweit.

Er kam 1778 in Barcelona zur Welt und begann schon als Fünfjähriger aus eigenem Antrieb Gitarre und Geige zu lernen. Er spielte die Instrumente seines Vaters.

Im spanischen Bürgerkrieg, in der Folge der Besetzung des Landes durch Napoleon, stellte sich Sor auf die Seite der Franzosen (aus opportunistischen, gewinnbringenden Gründen). Als sich die Franzosen zurückziehen mussten aus Spanien verließ Sor im Jahre 1813 für immer seine Heimat.

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Seine Flucht führte nach Paris, wo er schon bald als angesehener Musiker galt und sich endgültig als Gitarrist etablierte.

Zu seinem Freundeskreis gehörten Dionisio Aguado (1784­1849), den er in Aguados Geburtsstadt Madrid kennengelernt hatte, und Napoleon Coste, ein italienischer Gitarrist, mit denen er mehrmals gemeinsam auftrat.

Die beide später übrigens auch nach Paris zogen. Beispiele die ein ähnliches Schicksal ereilt hat im Kontext dieser schwierigen Ausgangslage für Künstler.

Wie ein Artikel der „Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ in Leipzig 1832 belegt.

Sor nimmt als Gitarrenkomponist eine übergeordnete Rolle in der klassisch-romantischen Epoche ein. Von der Art, wie er die Gitarre als Interpret und Komponist behandelt hat und damit Aufsehen bei seinen Zeitgenossen erregt hat.

„Sor ist unzweifelhaft der erste Guitare-Spieler der Welt; es ist unmöglich, sich einen Begriff davon zu machen, zu welchem Grad an Vollkommenheit er dieses ärmliche Instrument erhoben hat…(seine) größte Stärke ist die freye Phantasie: er spielt immer drey und vierstimmig und nie hört man von ihm das gemeine Arpeggien-Geklimper.“ (AMZ 1832 Korrespondenzbericht aus Paris von S. Neukomm)

Das 20. Jahrhundert

 

Neben ihrer Funktion als bevorzugtes Begleitinstrument zu Volksliedern, etablierte sich die Gitarre als Soloinstrument und füllte sogar Konzertsäle. Das war zum einen durch das Schaffen einer modernen Spiel- und Konzertliteratur, zum anderen durch die Weiterentwicklung des Instruments möglich, das immer durchsetzungsfähiger und lauter wurde.

Antonio de Torres, Sevilla 1883

 

Franzisco Tarrega (1852-1909) arbeitete Zeit seines Lebens an der Technik und der Verbesserung klanglicher Möglichkeiten an der Gitarre. Er gilt als einer der Wegbereiter des modernen Gitarrenspiels.

Das Schaffen und Wirken Tárregas ist ein Meilenstein für die Entwicklung der Gitarrentechnik. Er gilt als der profilierteste Gitarrist und Lehrer seiner Zeit, als der Begründer einer neuen Schule, der sogenannten neuen spanischen Gitarrenschule.

Miguel Llobet war ein Schüler von Tarrega und neben Emilio Pujol und Daniel Fortea der bedeutendste Repräsentant der Schule von Tarrega.

Um 1900 sind in einem Atemzug mit spanischer Gitarrenmusik die folkloristische Strömung, allen voran die für Gitarre bearbeiteten Klavierstücke von:

Isaac Albeniz (1860-­1909) und Enrique Granados (1867-1916) zu nennen. Manuel de Falla (1876-1946) gilt als Vertreter der nationalistischen Strömung in der Musik und Komponist spanischer Folklore, mit immerhin einem Stück für Gitarre das er Miguel Llobet (1878­-1938) widmete.

Vor allem dem in Andalusien geborenen Andres Segovia (1893-1987) hat mit zahlreichen Transkriptionen und Editionen zu einem umfangreichen Repertoire klassischer und moderner Gitarrenmusik beigetragen und legte damit den Grundstein zur Renaissance der Gitarre im 20. Jahrhundert.

Insbesondere gelang es ihm, zahlreiche zeitgenössische Komponisten zu neuen Werken der Gitarrenmusik zu inspirieren.

Die spanischen Komponisten unter ihnen waren u.a.: Joaquin Rodrigo (1902-1999), Joaquin Turina (1882­-1949), Frederico Moreno Torroba (1891-1982).

Die Entstehung des Flamencos um 1900

 

ist mit der historischen, sozialen und kulturellen Entwicklung der südspanischen Region Andalusien eng verbunden.

Der Flamenco als eigenständiges Genre beinhaltet folklorische Elemente und hat wesentlich zur Popularisierung der Gitarre als „spanisches Instrument“ beigetragen.

Solistische Gitarrenmusik, die an die Stile des Flamencos (Palos) angelehnt sind z.B. Solea, Fandango, Zapateado, Malaguena usw. zählen zum fixen Bestandteil des Canons der heutigen spanischen Gitarrenmusik.

Durch ständige Wechselwirkungen von Klassischer Gitarre und Flamencogitarre wurden und werden gegenseitig Spieltechniken übernommen und ausgebaut.

Literaturverzeichnis Konrad Ragossnig (1978), Handbuch der Gitarre und Laute, Schott, ISBN-3-7957-2329-9.